Angriffe auf PKK und IS sowie mehr als tausend Festnahmen – FAZ

Die türkische Regierung greift hart gegen mutmaßliche Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sowie regierungskritische linke Gruppierungen durch. In den vergangenen Tagen seien mehr als 1300 Verdächtige festgenommen worden, teilte die Regierung am Mittwoch mit. Die Zahl wurde nicht detaillierter aufgeschlüsselt.

Nach Angaben von Vertretern der Kurden soll es sich zu einem großen Teil um Mitglieder kurdischer und linker Gruppen handeln. Unklar bleibt, wie viele Verdächtige sich noch in Haft befinden. Auf Antrag der prokurdischen Partei HDP soll das Parlament in einer Sondersitzung über die Luftangriffe der Armee auf Stellungen der PKK und des IS debattieren.

Nach der faktischen Aufkündigung des Friedensprozesses mit den Kurden hat die Türkei ihre Luftangriffe auf die PKK ausgeweitet. In der Nacht zum Mittwoch flogen F-16-Kampfflugzeuge nach Angaben eines Regierungsvertreters die schwersten Angriffe gegen mutmaßliche Stellungen der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei im Nordirak seit Beginn der Offensive vor knapp einer Woche. Es seien sechs Ziele im Irak und in der Türkei beschossen worden, darunter Depots, Höhlen und Schutzräume, teilte die Regierung mit.

Davutoglu: Ein Angriff auf Demokratie und Menschenrechte

Auch das türkische Sicherheitskabinett soll am Mittwochabend zusammenkommen. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge, das Land, die Demokratie und die Menschenrechte würden angegriffen.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Dienstag den Friedensprozess mit den Kurden aufgekündigt und auch die Strafverfolgung von HDP-Abgeordneten angedroht. Die oppositionelle HDP hingegen wirft der Regierung einen „zivilen Coup“ nach ihrer Wahlschlappe im Juni vor. In der Türkei seien immer wieder Parteien kaltgestellt worden, sagte die HDP-Abgeordnete Pervin Buldan. Erdogan spekuliere bei immer wahrscheinlicher werdenden Neuwahlen auf einen Stimmenzuwachs für die islamisch-konservative AKP, die ihre absolute Mehrheit verloren hatte, so die Opposition.



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© reuters




Viele Festnahmen in der Türkei

CNN Türk berichtet, ein Staatsanwalt habe Ermittlungen eingeleitet und strebe die Aufhebung der Immunität des HDP-Vorsitzenden Salahattin Demirtas an. Grund seien dessen Aussagen im Wahlkampf über einen Machtmissbrauch der AKP.

Washington: Akt der Selbstverteidigung

Die amerikanische Regierung bezeichnete die türkischen Luftangriffe auf die kurdische PKK als Akt der Selbstverteidigung. Die PKK habe Anschläge auf türkische Polizisten verübt und sei der Aggressor, sagten ranghohe Regierungsvertreter in Washington. 

Nach mehreren Terroranschlägen mit Dutzenden Toten fliegt die türkische Luftwaffe seit vergangener Woche Luftangriffe auf Stellungen des IS in Syrien und der PKK im Nordirak. Das Vorgehen gegen die Kurden, deren Kämpfer es gelang, den IS in Syrien zurückzuschlagen und die damit dort als Verbündete der Amerikaner gelten, ist international höchst umstritten.

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Die Regierung in Bagdad kritisierte die Luftangriffe als gefährliche Eskalation und Verletzung seiner Souveränität. Der Irak fühle sich seinerseits verpflichtet, Angriffe auf die Türkei von irakischem Boden aus zu unterbinden, ließ Ministerpräsident Haider al-Abadi über den Kurzmitteilungsdienst Twitter mitteilen.

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