Großbritannien will Eurotunnel besser sichern

Großbritannien macht dicht: Mit Zäunen, Hunden und Videokameras sollen Flüchtlinge im französischen Calais daran gehindert werden, es durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu schaffen. Der Cameron-Regierung sitzen dabei die Rechtspopulisten im Nacken.

Von Stephanie Pieper, ARD-Hörfunkstudio London

Die Flüchtlingskrise in Europa holt den britischen Premierminister auch auf seiner Asien-Reise ein: Eigentlich will sich David Cameron dort um bessere Wirtschaftsbeziehungen kümmern – doch die neuen Bilder und Nachrichten aus Calais kann er nicht ausblenden. Die Lage dort bezeichnete der konservative Regierungschef als “sehr besorgniserregend”.

Denn auch in der vergangenen Nacht versuchten erneut rund 1500 Migranten in Calais, in den Tunnel unter dem Ärmelkanal zu gelangen, um auf diesem Wege Großbritannien zu erreichen. Die Flüchtlinge sprangen auf wartende Lastwagen und Züge, wobei erneut ein Mann ums Leben kam. Medienberichten zufolge ist es bereits der neunte Tote dort in diesem Jahr. Großbritannien will Frankreich nun erneut dabei unterstützen, den Eurotunnel besser zu sichern.

Britisch-französische Zusammenarbeit

Großbritannien stellt nun weitere rund zehn Millionen Euro zur Verfügung, um die Sicherheitsvorkehrungen am Eingang des Eurotunnels auf französischer Seite zu verschärfen. Man arbeite dabei eng mit den französischen Behörden zusammen, sagte Cameron. Er ließ sich nicht dazu verlocken, mit dem Finger auf Paris zu zeigen.


Migranten am Eurotunnel Calais | Bildquelle: AFP

Migranten auf den Gleisen in Calais, die zum Eurotunnel führen.


Gestern hatte die britische Innenministerin Theresa May mit ihrem französischen Amtskollegen Bernard Cazeneuve über die Lage in Calais beraten, wo bis zu 5000 Migranten gestrandet sein sollen. Sie verabredeten, dass der bestehende Zaun verstärkt und ausgebaut, mehr Videokameras installiert und mehr Hunde eingesetzt werden sollen. Und beide Länder wollen, nach den Worten Mays, die Anreize für Migranten und Menschenschmuggler verringern: “Wir haben verabredet, dass wir zusammenarbeiten, um Flüchtlinge in ihre Heimatländer zurückzuschicken, insbesondere nach Westafrika”, sagte sie. “Damit die Menschen dort sehen, dass es ihnen eben nicht möglich ist, einfach nach Europa zu kommen und hier zu bleiben.”

Heute berät das Sicherheitskabinett in London unter Mays Vorsitz über weitere Maßnahmen, wie der Flüchtlingskrise zu begegnen ist. Die Migranten wollen nach Großbritannien, weil sie hoffen, hier leichter Asyl zu erhalten und angesichts der besseren Konjunktur leichter einen Job zu finden.

Britische Rechtspopulisten rufen nach der Armee

Für die Anti-EU-Partei UKIP sind die Probleme am Eurotunnel ein gefundenes Fressen. Er habe bei seiner Fahrt neulich mit dem Eurostar unter dem Ärmelkanal regelrecht Angst gehabt, sagte der rechtspopulistische Parteichef Nigel Farage: “Die ganze Situation rund um Calais ist praktisch gesetzlos. Ich habe fast den Eindruck, den französischen Behörden wäre es ganz recht, wenn alle 5000 Flüchtlinge dort es auf den nächsten Zug schaffen. Ich finde, wir sollten angesichts dieser Umstände auch darüber nachdenken, die Armee einzusetzen.”

Flüchtlinge vor dem Eurotunnel bei Calais

Migranten am Eurotunnel Calais

“Dschungel” werden die illegalen Camps genannt, in denen Flüchtlinge seit Jahren in der Nähe des Eingangs des Eurotunnels bei Calais leben, in der Hoffnung von dort aus nach Großbritannien weiterzukommen. | Bildquelle: AFP


Migranten am Eurotunnel Calais


Flüchtlinge am Eurotunnel bei Calais


Flüchtlinge am Eurotunnel bei Calais


Migranten am Eurotunnel Calais


Flüchtlinge am Eurotunnel bei Calais


Migranten am Eurotunnel Calais


Flüchtlinge am Eurotunnel bei Calais


Flüchtlinge am Eurotunnel bei Calais

Britische Soldaten sollten die ankommenden Lastwagen und Züge auf Flüchtlinge kontrollieren und diese dann zurückschicken, meint Farage. Auch Don Armour vom Verband britischer Spediteure schloss sich dieser Forderung an. Es gehe schließlich um das Leben der Flüchtlinge und um die Sicherheit der Lkw-Fahrer. Er sprach gar von einem nationalen Notfall.

Die Flüchtlingskrise in Calais beeinträchtigt bereits den Verkehr von und nach Großbritannien. Premierminister Cameron äußerte seine Sympathie insbesondere für die betroffenen Urlaubsreisenden. Sowohl sie als auch Lkw-Fahrer müssen in beide Richtungen Wartezeiten in Kauf nehmen. In der Grafschaft Kent bildeten sich in den vergangenen Tagen teils kilometerlange Staus vor der Einfahrt in den Eurotunnel, weil die Polizei die Fahrzeuge nur in Schüben durchließ.

Briten wollen Eurotunnel stärker sichern
S. Pieper, ARD London
29.07.2015 15:28 Uhr


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